Basar Berlin

Weddingsoul – die „Welt“ nebenan

Geplant: 28 Drehtage Sommer 2015 – Frühjahr 2016
– mit kleinem Team und kleiner Technik –

live-musikproduktion
Studio1141 Berlin Detlef A. Schitto / Christian Conrad

Weddingsoul, das ist ein ganz besonderer Grove. Der Soul klingt auf den Straßen, sobald man das Haus verlässt. Das Viertel vibriert ein wenig. Weddingsoul – das ist ein orientalisch-afrikanischer Mix mit fernöstlichen Einschlägen und ein paar wilden Balkanklängen, Weddingsoul – das ist die Seele des Wedding.

Seit sechs Jahren lebe ich in einem Viertel, wo jeden Tag Menschen aus aller Welt aufeinandertreffen, weil sie dort wohnen. Ich bin fasziniert von diesem Viertel, dem Brunnenviertel im Berliner Wedding. Ich bin neugierig, habe vor fünf Jahren begonnen für einen Film zu recherchieren und Räume zu betreten, die Deutsche normalerweise nicht betreten: die Backstube des Baklava-Bäckers nebenan, den Moscheeverein fünf Häuser weiter, den arabischen Friseursalon gegenüber. Es begann alles mit dem Artikel von diesem Sarazin. Solange geht mir das Thema schon unter die Haut. Jetzt wird es wieder Frühling und der Film soll werden. Wir werden zeigen, dass es geht, dass man einfach so zusammenleben kann, mit Freundlichkeit und einer guten Distanz, wenn jeder den anderen einfach so leben läßt, wie er möchte.

Weddingsoul

Ich treffe die türkische Nachbarin im Hausflur vor den Briefkästen.

„Wie geht es Ihnen?“
„Ach nicht so gut, krank seit zwei Wochen.“
„Oh jeh, ich auch. Bronchitis“
„Ja, ja. Ich auch.“

Wir lächeln uns an. Frau Yamal geht nicht oft aus dem Haus. Das weiß ich. Einmal habe ich sie mit ihren Freundinnen im Park gesehen. Einmal hat sie mir als ich im Hof war, einen Korb mit gefüllten Blätterteigtaschen hinunter gelassen, wie bei Rapunzel vom Balkon hinunter und gerufen: „Für Sie.“ Als ich mich ein paar Tage später mit einer kleinen Schüssel Konfekt bedanken wollte, öffneten nach langem Klingeln nur die Kinder einen Spalt die Tür. Jedenfalls freuen wir uns, wenn wir uns treffen.

Der U-Bahnhof Gesundbrunnen ist blau gekachelt. An der Wand hängen große Schrifttafeln, mit Texten eines Dichterwettbewerbs des Brunnenviertels. Man muss sich beeilen, den Text zu erfassen, ehe die donnernde U-Bahn einfährt.

Zwischen Dönerbuden und Falafelstand,
mit Graffiti besprühten Wänden und Arbeitsamt,
wo jeder denkt, aus denen kann nichts werden,
mein Kiez aus lauter Anzeigen und Beschwerden.
Mit Mädchen, die sich kleiden wie eine Gruselversion von Mickey Mouse,
Mädchen, die sich die Haare toupieren wie Amy Whinehouse.
Trotzdem lebe ich gern in diesem Kiez,
weil ich hier zu Hause bin.
(Alin, 15 Jahre)

Mir geht es genauso. Ich bin hier im Brunnenviertel verortet. Samir, der Bettler grüßt jeden Morgen, wenn aus dem Park komme. Er sitzt auf dem Bürgersteig vor dem U-Bahnhof Gesundbrunnen. Ich schenke ihm mein Lächeln, er schenkt mir seins. Ein würdiger alter Herr.

Im Park spielen die Männer aus dem Ex-Jugoslawien Boule, jeden Nachmittag, bei Wind und Wetter, sogar im Schnee. Dann gibt es Glühwein. Es heißt, sie spielen um hohe Einsätze. Ihr sportlicher Ehrgeiz ist enorm, obwohl die meisten von ihnen schon Großväter sein dürften. Serben und Kosovaren spielen hier zusammen. Sie alle sind schon mehr als zwanzig Jahre in Deutschland. Sie waren die ersten, die nach der deutschen Wiedervereinigung in den Wedding kamen. 1991 begann der Krieg in Jugoslawien.

Betrachtet man die Berliner Einwanderungsstatistik, spiegeln sich darin die Kriegsgebiete dieser Welt. Vor zwei Jahren kamen besonders viele Menschen aus Tschetschenien, im vorigen aus Afrika, es gibt Krieg in Eritrea, aus Afghanistan und aus Syrien.

Gegenüber vom Park stehen die Kinder Schlange.

Der Eismann, der aus der Wüste kam, öffnet jedes Jahr am 1. März. Im Winter fährt er in den Sudan. Mohamed hat von seinem Vorgänger „Eis-Henri“ die guten itlaienischen Eismaschinen der Marke Buku Europa übernommen. Hier gibt es das beste Eis im ganzen Wedding…

Drei Worte über die Idee

Die große französische Filmemacherin Agnes Varda hat einmal einen Dokumentarfilm über ihre Straße und die Menschen die dort leben gemacht, „Daguerrotypes – Leute aus meiner Straße“. Etwas besonderes passiert in diesem Film nicht – er ist einfach eine wunderbare Beobachtung des alltäglichen Lebens. Es gibt einen Bäcker, einen Fleischer, einen Gemüsehändler. Ein liebvoller, beinahe intimer Blick auf die Pariser des Jahres 1975, auf 16 mm Material gedreht.

Diesen Film habe ich schon lange im Kopf, schon seit der Filmhochschulzeit. Zwanzig Jahre sind seitdem vergangen. Nun erinnere ich mich daran. Im September 2010 beginne ich zu recherchieren. Ich möchte meine Nachbarn kennenlernen. (Notiz aus dem Arbeitstagebuch Sep.2010)

Buch und Regie: Beate Fichtner
Beate Fichtner, Volontariat beim Fernsehen der DDR, Regieassistenz beim Polizeiruf 110, Studium an der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam, zahlreiche Festivalaufführungen, Autorin für “DIE ZEIT TV”, Dramaturgin der TV-Serie “Der kleine Eisbär”, Spielfilmdebüt beim MDR, Filme für arte, ZDF, 3-sat.

Produktionsleitung: Isabel Büttner-Debatin
Isabel Büttner-Debatin, Volontariat beim Fernsehen der DDR, studierte Filmproduktion an der Hochschule für Film- und Fernsehen Potsdam, 1. Aufnahmeleiterin, Produktionsleiterin und Producerin für verschiedene Firmen im fiktionalen und TV-Bereich, „SK Kölsch“, Tatort“, „ANNE WILL“.

Kamera: Yoliswa von Dallwitz
1975 in Südafrika geboren, wuchs Yoliswa Gärtig in Tübingen auf, studierte zwei Jahre „Fine Art Photography“ an der Rhodes University in Südafrika, dann
Kamerastudium an der Filmhochschule Potsdam-Babelsberg.
Als Kamerafrau drehte sie zahlreiche Spiel- und Dokumentarfilme, in Deutschland, Bosnien-Herzegowina, Brasilien, Finnland, Großbritannien, Italien, Jamaika, Kanada, Niederlande, Norwegen, Oesterreich, Oman, Polen, Russland, Schweiz, Serbien, Spanien, Südafrika und der Tschechische Republik.
Ihre Filme gewannen Preise, Nominierung bester Spielfilm dt. Filmpreis, und liefen auf Festivals wie Cannes, Berlinale, Karlovy Vary International.

Musik und Sound: Studio1141 / Detlef A. Schitto / Christian Conrad
Das Studio1141 ist spezialisiert auf die dolby-suround Vertonung von arthouse- und Dokumentarfilmen in Kinoqualität und auf die Herstellung und Komposition von Filmmusik auch für große Produktionen, u.a. für Warn.Bros. TV-Serie „Der kleine Eisbär“, „Little Big Panda“ int. Koprod., in enger Zusammenarbeit mit dem Filmorchester Babelsberg. Das Studio befindet sich im Wedding.